Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

schieben

Grammatik Verb · schiebt, schob, hat/ist geschoben
Aussprache 
Worttrennung schie-ben
eWDG

Bedeutungen

1.
etw., jmdn. durch Drücken von der Stelle wegbewegen, wegrücken oder vor sich her bewegen
Grammatik: mit Hilfsverb ‘hat’
a)
Beispiele:
eine Karre, den Kinderwagen, Kulissen, sein Fahrrad schieben
bergauf mussten wir die Räder schieben
der Sturm schob dunkle Wolken vor die Sonne
etw., jmdn. zur Seite, nach vorn, links, oben schieben
einen Stoß Bücher und Hefte, eine Kiste auf ihren Platz, Herumstehende zur Seite schieben
jmdn., etw. vor sich her, in einen Raum schieben
jmdm. einen Ring an, auf den Finger schieben
er las den Titel und schob das Buch wieder an seinen Platz
alles auf einen Haufen schieben
die Güterwagen wurden auf ein anderes Gleis geschoben
er schiebt sich [Dativ] die Brille auf die Stirn, die Mütze auf ein Ohr, in den Nacken, ins Genick, die Haare aus der Stirn
Brot, Kuchen, eine Pfanne in den Ofen schieben
KegelnKegel schieben (= kegeln)
Kegelnbei drei Würfen je sieben Kegel schieben (= umwerfen)
ein (defektes) Fahrzeug durch Druck vor sich her bewegen
Beispiel:
Das ist wohl eine Panne. Hoffentlich müssen wir nicht schieben [ SteinbergUhren374]
etw. in, durch etw. schieben (= etw. in etw. hineinstecken, durch etw. hindurchstecken)
Beispiele:
einen Brief in die Mappe, seine Hand in die Hosentasche schieben
sich [Dativ] etw. in den Mund schieben
Der magere Kellner schob argwöhnisch seinen Kopf durch die Schiebetür der Küche [ S. Lenzin: Erkundungen244]
übertragen
Beispiele:
etw., ein Problem auf ein anderes Gleis schieben (= in einen anderen Zusammenhang bringen)
etw. auf ein totes, das tote Gleis schieben (= etw. nicht weiter bearbeiten)
jmdn. auf ein totes, das tote Gleis schieben (= jmdm. die Möglichkeit, beruflich voranzukommen, nehmen)
ein Ansinnen, den Gedanken an jmdn., etw. (weit) von sich, zur Seite schieben (= mit jmdm., etw. nichts zu tun haben wollen, nicht daran denken wollen)
abwertendjmdn. in den Vordergrund, in eine leitende Stellung schieben (= jmdn. begünstigen)
saloppeine ruhige Kugel schieben (= sich bei der Arbeit nicht anzustrengen brauchen)
saloppKohldampf schieben (= Hunger haben)
saloppPosten, Wache schieben (= auf Wache stehen)
saloppjmdm. eine schieben (= jmdn. ohrfeigen)
salopper hat drei Monate (Arrest, Knast) geschoben (= im Gefängnis gesessen)
umgangssprachlich etw. auf einen späteren Zeitpunkt verlegen, verschieben, aufschieben, etw. verzögern
Beispiele:
er schiebt alles Unangenehme immer auf den nächsten Tag
etw. auf die lange Bank schieben
sich schiebensich langsam, mühsam, durch Drängen und Drücken, von der Stelle vorwärtsbewegen
Beispiele:
sich durchs Gewühl schieben
eine dicke Wolke schob sich vor die Sonne
der Eisbrecher schob sich langsam über die zugefrorene Bucht
vorsichtig schob sich ein Rettungswagen durch die wartende Menschenmenge
Sportsich an die Spitze, nach vorn schieben (= bei einem Rennen allmählich an die erste Stelle gelangen)
übertragen
Beispiel:
sich in den Vordergrund schieben (= Aufmerksamkeit erregen wollen, um Vorteile, Beförderung zu erlangen)
b)
etw. auf etw., jmdn. schiebendie Ursache für einen Missstand einer Sache oder einem Menschen zur Last legen
Beispiele:
dass er Kopfschmerz hatte, schob er auf die durchzechte Nacht
er schob alles auf sein Alter
die Schuld, den Verdacht auf einen anderen schieben
umgangssprachlichjmdm. etw., die Schuld in die Schuhe schieben (= jmdn. ohne Beweis, böswillig und in verleumderischer Absicht beschuldigen)
2.
etw. Unerlaubtes, Gesetzwidriges tun
Grammatik: mit Hilfsverb ‘hat’
a)
salopp etw. auf nicht ganz einwandfreie Weise bewerkstelligen, zustande bringen
Beispiele:
das werden wir schon schieben
eine faule Sache schieben
das ganze Geschäft war eine einzige geschobene Sache
was glaubst du, was alles so geschoben und betrogen wurde
die kindliche Tour schieben (= sich zur Täuschung wie ein Kind benehmen)
b)
salopp betrügerische Geldgeschäfte machen
Beispiele:
Devisen schieben
eine geschobene (= vorgetäuschte) Pleite
geschobene Schuldscheine
auf dritte und vierte Namen geschobene Wechsel
c)
umgangssprachlich Schwarzhandel treiben
Beispiele:
mit Kaffee, Waffen, Zigaretten, in Seife schieben
durch Schieben ist er reich geworden
3.
salopp, abwertend träge, in nachlässiger Haltung, mit auf dem Boden schleifenden Füßen gehen
Grammatik: mit Hilfsverb ‘ist’
Beispiele:
durch den Saal schieben
er hat nie gelernt, anständig zu gehen, er ist immer nur geschoben
Dieses Wort ist Teil des Wortschatzes für das Goethe-Zertifikat B1.
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

schieben · Geschiebe · Schieber · Schiebung
schieben Vb. ‘durch Druck bewegen’. Die Herkunft der starken Verben ahd. skioban (um 800), mhd. schieben, aengl. scēofan, got. afskiuban ‘verstoßen, von sich wegstoßen’ (germ. *skeuban) und mnd. schūven, mnl. scūven, nl. schuiven, afries. skuva, aengl. scūfan, engl. to shove (germ. *skuban), ferner schwach flektierender anord. skūfa, skȳfa, norw. skyve ist ungewiß. Vielleicht sind sie verwandt mit Schub, Schaufel, Schippe (s. d.) sowie lit. skùbti ‘anfangen, sich zu beeilen’, skubùs ‘eilig, flink, emsig’, kslaw. skubǫ, russ. (landschaftlich) skubú (скубу) ‘zause, rupfe’ und an ie. *skeub(h)- ‘(flink) dahinschießen, schieben, stoßen’, eine Labialerweiterung der unter schießen (s. d.) angegebenen Wurzel anzuschließen. Die wohl aus der Gaunersprache stammende Bedeutung ‘Waren illegal an andere Besitzer bringen, vertauschen, (auf dem schwarzen Markt) unlautere Geschäfte machen’ (geläufig seit dem ersten Weltkrieg), zuvor in der Börsen- und Kaufmannssprache ‘Wechsel, Hypotheken zum Schein in andere Hände bringen’ (90er Jahre 19. Jh.), wird von Berlin aus verbreitet. Man vermutet, daß in Wendungen wie Kohldampf, Wache schieben ‘Hunger, Wachdienst haben’ nhd. schieben für rotw. schefften ‘sein, sitzen, liegen, machen, tun, arbeiten, gehen’ eingetreten sei; diesem liegt vielleicht jidd. jaschwenen ‘setzen’, hebr. jāšab ‘sitzen, bleiben’ zugrunde, doch dürfte rotw. schefften auf Grund seiner Bedeutungsbreite semantisch von schaffen beeinflußt sein; vgl. Kluge ²¹646. – Geschiebe n. bergmannssprachlich ‘Gestein, Geröll’ (17. Jh.), Geschübe (16. Jh.), Kollektivbildung zum Verb. Schieber m. ‘wer schiebt’ (18. Jh.), ‘junger Student, der sich während des Semesters heimlich nach Hause absetzt’ (17. Jh.), in der Technik ‘Werkzeug, mit dem etw. geschoben wird, verschiebbarer Verschluß’ (18. Jh.), aus der Gaunersprache ‘wer unlautere Handelsgeschäfte macht’ (Ende 19. Jh.). Schiebung f. ‘das Schieben’ (17. Jh.), ‘Intrige, Betrug’ (80er Jahre 19. Jh., aus der Gaunersprache), später allgemein ‘unrechtmäßiger Handel, unlautere Geschäfte’, besonders ‘ungerechtfertigte Begünstigung’.

Thesaurus

Synonymgruppe
drängeln · drängen · drücken · pferchen · schieben
Assoziationen
Synonymgruppe
fortschieben · rücken · schieben · umsetzen · umstellen · verdrängen · verrücken · verschieben · wegschieben  ●  deplacieren  veraltet · verfrachten  ugs.
Assoziationen
  • (ein) anderes Zimmer geben (Hotel) · (eine) andere Wohnung geben · (einen) Wohnungswechsel veranlassen · in ein anderes Zimmer verlegen (Hotel) · umquartieren · umsetzen
Synonymgruppe
Schmuggel treiben · schieben · schmuggeln  ●  paschen  ugs. · schwärzen  ugs.
Synonymgruppe
Synonymgruppe
einführen · einschieben · hineinschieben · schieben · stecken · zusammenführen  ●  introduzieren  fachspr., medizinisch
Oberbegriffe
Assoziationen
Synonymgruppe
auf einen späteren Termin (ver)legen · auf später verschieben · auf später vertagen · nach hinten schieben · nach hinten verlegen · verschieben · zurückstellen (bis zum)  ●  schieben  ugs., salopp, Jargon
Oberbegriffe
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›schieben‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›schieben‹.

Verwendungsbeispiele für ›schieben‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Das würden sie mir, wenn es passiert, auch noch in die Schuhe schieben wollen. [Wondratschek, Wolf: Mozarts Friseur, München, Wien: Carl Hanser Verlag 2002, S. 115]
Und dann schiebt er sich, den Rücken an der Wand, wieder langsam nach oben. [Schulze, Ingo: Simple Storys, Berlin: Berlin-Verl. 1998, S. 210]
Wenn es nun auch die Füße streckt, schiebt es sich leicht durch die entstandene Öffnung (94). [Lorenz, Konrad: Das Jahr der Graugans, München: Dt. Taschenbuch-Verl. 1990 [1979], S. 110]
Es ist auch nicht richtig, alle Defizite auf das fehlende Geld zu schieben. [Die Zeit, 07.11.1997, Nr. 46]
Und immer wieder schiebt sich dann der Tod vor die Augen. [Die Zeit, 27.06.1997, Nr. 27]
Zitationshilfe
„schieben“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/schieben>.

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