Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

schinden

Grammatik Verb · schindet, schund, hat geschunden (Präteritum ungebräuchlich)
Nebenform landschaftlich schinden · Verb · schindete
Aussprache 
Worttrennung schin-den
formal verwandt mitzerschunden
Wortbildung  mit ›schinden‹ als Erstglied: Schindanger · Schinder · Schinderei · Schindluder · Schindmähre
 ·  mit ›schinden‹ als Letztglied: abschinden · herausschinden · rausschinden

Bedeutungsübersicht+

  1. 1. [abwertend] jmdn. durch übermäßige Beanspruchung seiner Leistungsfähigkeit quälen
  2. 2. [umgangssprachlich] ⟨sich schinden⟩ sich mit etw. sehr abplagen, abmühen
  3. 3. [salopp] etw. nicht bezahlen
    1. [übertragen] ...
eWDG

Bedeutungen

1.
abwertend jmdn. durch übermäßige Beanspruchung seiner Leistungsfähigkeit quälen
Beispiele:
einen Gefangenen schinden
der Unternehmer schindet seine Arbeiter
die Soldaten wurden früher beim Exerzieren gedrillt und geschunden
das Vieh schinden
in den Kampfgebieten des Krieges hat sich ihm das Bild des geschundenen Menschen eingeprägt: als ein Objekt abstumpfenden physischen Drills und psychischer Entwürdigung [ Bild. Kunst1957]
2.
umgangssprachlich sich schindensich mit etw. sehr abplagen, abmühen
Beispiele:
ich habe mich mit der Arbeit redlich schinden (und plagen) müssen
er hat sich mit dem Gepäck, damit (sehr) schinden müssen
ich habe mich (gerade, in meinem Leben) genug geschunden
3.
salopp etw. nicht bezahlen
Beispiel:
das Fahrgeld, Eintrittsgeld schinden
übertragen
Beispiele:
Zeilen schinden (= viel und mit großen Zwischenräumen schreiben, um viele Zeilen nachweisen zu können)
jmd. will (bei jmdm.) Eindruck schinden (= will vor jmdm. vorteilhaft wirken)
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

schinden · Schinder · Leuteschinder · Schindluder · Schindmähre
schinden Vb. ‘Viehkadaver abhäuten, jmdn. quälen, ausbeuten, (sich) abplagen’. Das ursprünglich schwache, in mhd. Zeit starke Flexion entwickelnde Verb ahd. skinten (9. Jh.), mhd. schinden, schinten ‘die Haut, die Rinde abziehen, enthäuten, schälen, berauben, peinigen, mißhandeln’, mnd. schinden ‘enthäuten, plündern, rauben’, mnl. scinden ‘mißhandeln, rauben’ (vgl. asächs. biskindan ‘sich abschälen’) ist abgeleitet von frühnhd. schint f. ‘Obstschale’ (15. Jh.), mnd. schinne f. ‘Kopfschuppe’, nl. (mundartlich) schinde ‘Fell, Baumrinde’, schin ‘Kopfschuppe’, anord. skinn n. ‘abgezogene Haut’, schwed. skinn ‘Haut, Fell’, wozu sich (außergerm.) bret. skant (aus *skṇto-) ‘Schuppen’ (Kollektivum) stellt. Auszugehen ist von einer mit to- bzw. tā-Suffix gebildeten Partizipialform ie. *skento-, *skentā ‘Abgespaltenes’ (z. B. ‘Haut, Schuppe, Rinde’) zu ie. *(s)ken- ‘abspalten’, wohl eine Nasalerweiterung der Wurzel ie. *sē̌k- ‘schneiden’ (s. Säge, Segel und Messer). Dazu (mit Ablaut) auch anord. skān ‘Borke’, schwed. (mundartlich) skån ‘Schorf’. Aus der Bedeutung ‘die Haut abziehen’ (von Tieren, auch in literarischer Vorstellung als grausame Hinrichtungsart von Menschen) entwickelt sich in mhd. Zeit übertragener Gebrauch im Sinne von ‘quälen, mißhandeln, plagen’ (dazu reflexiv ‘sich plagen, sich abmühen’, 18. Jh.), dann ‘berauben, ausplündern’ und ‘bedrücken, aussaugen, erpressen’ (15. Jh.); in der Studentensprache ‘sich etw. verschaffen, ohne dafür zu zahlen, sich freihalten lassen’ (18. Jh.). – Schinder m. ‘Abdecker, Henker’, frühnhd. schinder ‘Rindenschäler, Abdecker, Peiniger, Straßenräuber’ (15. Jh.). Leuteschinder m. ‘wer seine Untergebenen übermäßig beansprucht, roh behandelt, ausbeutet’ (16. Jh.). Schindluder n. Schimpfwort (18. Jh.), eigentlich ‘gefallenes Vieh, Aas’ (s. Luder); besonders in der Redensart mit jmdm. Schindluder treiben ‘ihn verspotten, zum Narren halten’ (um 1800). Schindmähre f. ‘mageres, altes Pferd’, das nur noch für den Schinder taugt (17. Jh.); s. Mähre.

Thesaurus

Synonymgruppe
enthäuten · häuten · schinden · schälen  ●  (Wildbret) aus der Decke schlagen  fachspr., Jägersprache · pellen  ugs.
Assoziationen
  • Banane · Dessertbanane · Obstbanane  ●  Affenbrot ugs. · Affeneis ugs. · Affenhandy ugs. · Affenknacker ugs. · Affenkotelett ugs. · Affenschnitzel ugs. · Affensteak ugs. · Affenwurst ugs. · gelbe Südfrucht ugs.
Synonymgruppe
(sich) abarbeiten · (sich) abmühen · (sich) abplagen · (sich) abquälen · (sich) abschinden · (sich) schinden  ●  (sich) herumschlagen (mit)  fig. · (sich) abfretten  ugs., süddt. · (sich) abrackern  ugs. · (sich) fretten  ugs., süddt. · (sich) mühen  geh.
Assoziationen
  • (sich) (mächtig) ins Geschirr legen · (sich) (mächtig) ins Zeug legen · arbeiten wie ein Pferd · bis zur Erschöpfung arbeiten · rackern · schwer arbeiten · viel arbeiten · werken  ●  (sich) in die Sielen legen veraltet · hart arbeiten Hauptform · (schwer) am Wirken sein ugs., regional · (sich) abfretten ugs., süddt. · (sich) fretten ugs. · ackern ugs. · ackern wie 'ne Hafendirne ugs. · ackern wie ein Hafenkuli ugs. · hackeln ugs., österr. · keulen ugs., ruhrdt., regional · malochen ugs. · nicht kleckern, sondern klotzen ugs. · plockern ugs., regional · rabotten (regional, teilw. veraltet) ugs. · ranklotzen ugs. · reinhauen ugs. · reinklotzen ugs. · roboten ugs. · rödeln ugs. · schaffe, schaffe, Häusle baue ugs., schwäbisch, Spruch · schuften ugs. · schwer zugange sein ugs., ruhrdt. · werkeln ugs. · wullachen ugs., ruhrdt. · wullacken ugs., ruhrdt.
  • (sich) zu schaffen machen (an) · hantieren · herumlaborieren (an / mit) · herummachen · herumnesteln · herumtüfteln · herumwerkeln · vergeblich versuchen (zu) · werkeln  ●  (sich) mühen geh. · (sich) versuchen an geh. · herumbasteln ugs. · herumbosseln ugs. · herumfrickeln ugs. · herumfriemeln ugs. · herumfuhrwerken ugs. · herumfummeln ugs. · herumhantieren ugs. · herumhühnern ugs. · herumpfuschen ugs., abwertend · laborieren (an) ugs.
  • (sich) umsonst anstrengen · (sich) vergeblich abmühen · keine Chance haben (gegen)  ●  nicht punkten können fig. · (mit etwas ist) kein Blumentopf zu holen ugs., fig. · (sich) die Zähne ausbeißen ugs., fig. · auf Granit beißen ugs., fig. · auf keinen grünen Zweig kommen ugs., fig. · kein Bein auf die Erde kriegen ugs., fig. · keine Schnitte kriegen ugs., fig. · keinen Blumentopf gewinnen können (mit) ugs., fig. · keinen Fuß auf die Erde kriegen ugs., fig. · keinen Stich bekommen ugs., fig., variabel · keinen Stich haben ugs., fig., variabel · keinen Stich holen ugs., fig., variabel · keinen Stich landen ugs., fig., variabel · keinen Stich machen ugs., fig., variabel
  • (seine / ihre) ganze Energie einsetzen · (sich) (echt) bemühen (um) · (sich) (richtig) Mühe geben · (sich) (richtig) reinhängen · (sich) alle Mühe geben · (sich) große Mühe geben · Einsatz zeigen · Engagement erkennen lassen · Engagement zeigen · alle Kraft aufbieten · alle Kräfte aufbieten · alle Register ziehen · alles daransetzen (zu) · mit ganzem Herzen dabei sein · sein Bestes geben · vollen Einsatz zeigen  ●  (sich) anstrengen Hauptform · (sich) ins Geschirr legen fig., veraltend · (sich) (voll) reinhängen ugs. · (sich) Arme und Beine ausreißen ugs., fig. · (sich) auf die Hinterbeine stellen ugs., fig. · (sich) dahinterklemmen ugs. · (sich) den Arsch aufreißen derb · (sich) in die Sielen legen ugs. · (sich) ins Zeug legen ugs. · (sich) reinknien ugs. · Gas geben ugs. · powern ugs. · ranklotzen ugs. · reinklotzen ugs. · tun, was man kann ugs.
  • (es) zu nichts bringen · (es) zu wenig bringen  ●  (im Leben) nicht weiterkommen fig., variabel · auf keinen grünen Zweig kommen fig. · herumkrebsen fig. · nicht vorwärtskommen fig., variabel · kein Bein auf die Erde kriegen ugs., fig., variabel
  • (etwas) mühsam schleppen · (sich) abmühen (mit) · (sich) abquälen (mit) · schwer zu tragen haben (an)  ●  kämpfen (mit) fig. · schwer tragen (an) auch figurativ · (sich) abschleppen (mit) ugs., Hauptform
Synonymgruppe
(jemanden auf etwas) hintrimmen · (jemanden) drillen · (jemanden) schinden · exerzieren  ●  (jemanden) schleifen  Hauptform, militärisch · (jemanden) bimsen  ugs.
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›schinden‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›schinden‹.

Verwendungsbeispiele für ›schinden‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Er hat noch nie Gefallen gefunden daran, andere zu schinden. [Der Spiegel, 03.03.1980]
Man ist zufrieden mit mir, ich schinde mich am Limit. [Die Zeit, 30.01.2012, Nr. 05]
Sie werfe den Unternehmen vor, sie versuchten Zeit zu schinden. [Süddeutsche Zeitung, 04.07.2003]
Neun Monate müsste sie sich dafür noch im Training schinden. [Süddeutsche Zeitung, 29.11.1999]
Ich schinde mich wieder einen Meter in die Höhe und falle ab. [Strittmatter, Erwin: Der Laden, Berlin: Aufbau-Verl. 1983, S. 200]
Zitationshilfe
„schinden“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/schinden>.

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