schlitzohrig
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Schlitz · schlitzen · schlitzäugig · Schlitzohr · schlitzohrig
Schlitz
m.
‘Riß, Spalt’,
ahd.
gisliz
‘Zwiespalt, Riß’
(um 800;
vgl. auch
ahd.
sliz
‘Zerstörung’,
um 1000,
das jedoch wohl als Rückbildung aus dem Verb,
s. unten,
aufzufassen ist),
mhd.
sliz,
slitz
‘Schlitz, Spalte, Zerreißung, Ende, Untergang, Tod’
steht mit expressiver Konsonantenverschärfung neben
aengl.
geslit
‘das Bersten’,
engl.
slit
‘Schlitz, Spalt’,
anord.
slit
‘Riß, Bruch’,
die sich wie unter
↗verschleißen
(s. d.)
behandeltes
schleißen
als Auslautvarianten auf
ie.
*skleid-,
eine erweiterte Form der unter
↗Schale1,
↗Schale2
(s. d.)
genannten Wurzel
ie.
*(s)kel-
‘schneiden’,
zurückführen lassen.
schlitzen
Vb.
‘der Länge nach aufreißen, mit einem Schlitz versehen’,
ahd.
slizzen
(Hs. 12. Jh.),
mhd.
slitzen,
Intensivbildung zu
(ver)schleißen.
schlitzäugig
Adj.
‘mit schmalen, spaltförmigen Augen’
(um 1800).
Schlitzohr
n.
‘Betrüger, Gauner’
(19. Jh.).
Betrügern das Ohr abzuschneiden, ist eine alte Rechtshandlung.
Eine Strafminderung in Gestalt des Ohrschlitzens ist nicht bekannt.
Auch eine Beziehung zum Brauch der Zimmerleute, einem der ihren,
der gegen die Zunftehre verstieß,
den als Zunftzeichen links getragenen Ohrring auszureißen,
läßt sich nicht belegen.
Daher eher ein bildlicher Ausdruck mit affektischer Lautverschärfung
für einen gerissenen, teufelsähnlich mit gespaltenen Bocksfüßen
und gespaltenen Ohren vorgestellten Gauner.
schlitzohrig
Adj.
(19. Jh.).
Verwendungsbeispiele für ›schlitzohrig‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
So streitsüchtig sieht er gar nicht aus, der Kopf auf dem Gemälde, eher etwas hinterfotzig und schlitzohrig.
Süddeutsche Zeitung, 12.10.2001
Daß sie nicht nur schlitzäugig, sondern manchmal auch schlitzohrig sind, merkt man erst zu Hause.
Die Zeit, 08.02.1982, Nr. 06
Das Verhalten der israelischen Regierung, damals unter Netanjahu, kann man wohlwollend als kurzsichtig, sonst nur als schlitzohrig bezeichnen.
Die Welt, 18.12.1999
Wer schlitzohrig versucht, nur Straßen zu privatisieren, die hohe Kosten verschlingen, aber keinen Verkehr bringen, wird auch keinen Interessenten dafür finden.
Der Tagesspiegel, 05.07.2004
Die sprichwörtlichen Tugenden der Deutschen wie Zuverlässigkeit, Genauigkeit, Fleiß und Ehrlichkeit sind spürbar seltener, die Deutschen allgemein schlitzohriger geworden.
Der Spiegel, 05.05.1997
Zitationshilfe
„schlitzohrig“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/schlitzohrig>, abgerufen am 27.01.2021.
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