seicht
Adj.
‘flach, nicht tief’
(vom Wasser),
übertragen
‘oberflächlich’,
mhd.
sīhte;
vgl. auch
schweiz.
sīcht
‘sehr feucht’
(von Wiesen).
Unsicher ist dagegen
aengl.
sīhte
(oder
sihte?)
‘sumpfig (?)’.
Die etymologische Zugehörigkeit ist nicht eindeutig zu klären.
Man setzt für die Formen mit
ī
ein
germ.
*sinhtja-
voraus.
Dies läßt sich außergerm. verbinden mit
aind.
ásakraḥ
‘nicht versiegend’,
aslaw.
isęknǫti
‘austrocknen, versiegen’,
russ.
(älter)
sjáknut’
(
сякнуть)
‘versiegen, verdorren, verarmen’,
lit.
sèkti
(
senkù)
‘sich senken, fallen, sinken, versiegen’
(vom Wasser),
seklùs
‘seicht’,
suñkti
‘Flüssigkeit durch Druck absickern lassen’.
Die außergerm. Formen
werden üblicherweise unter einem Wurzelansatz
ie.
*sek-,
im Baltoslaw. auch nasaliert,
‘abrinnen, versiegen, sich senken’
(vom Wasser)
zusammengefaßt,
wozu sich dann (mit Nasalierung) auch
seicht
stellen würde sowie
(mit einer speziellen semantischen Entwicklung)
die unter
↗
sengen
(s. d.)
behandelten Formen.
Seebold 394
erwägt allerdings,
eine Form wie
lit.
sèkti
auf
ie.
*se(n)ku̯-
zurückzuführen,
und sieht darin eine Auslautvariante zu der unter
↗
sinken
(s. d.)
genannten Wurzel
ie.
*sengu̯-
‘fallen, sinken’.
Auch unabhängig von den außergerm. Vergleichsmöglichkeiten läßt sich
seicht
an
sinken
anschließen;
es wäre dann als
‘eingesunkenes Land’
zu interpretieren.
Doch dürfte gerade die Semantik eher
für die oben hergestellte Verbindung zur Wurzel
ie.
*sek-
sprechen.