sozialistisch
Grammatik Adjektiv · Komparativ: sozialistischer, Superlativ ungebräuchlich
Aussprache
Worttrennung so-zi-alis-tisch · so-zia-lis-tisch
Wortbildung
mit ›sozialistisch‹ als Letztglied:
antisozialistisch
· nationalsozialistisch · nicht sozialistisch · nichtsozialistisch
Herkunft vgl. gleichbedeutend socialisticengl
eWDG
Bedeutung
der Theorie und Praxis des Sozialismus entsprechend, den Aufbau des Sozialismus betreffend
Beispiele:
der sozialistische Aufbau, Humanismus
die sozialistischen Errungenschaften, die sozialistische Erziehung, Ethik, Familie, Gegenwart, Gesellschaft(sordnung), Gesetzlichkeit, Kunst, Kultur, das sozialistische Recht
die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft
das einheitliche sozialistische Bildungssystem
die sozialistische Heimat, Staatsmacht, Verfassung
der erste sozialistische Staat der Welt
historischdie Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
die sozialistische Staatengemeinschaft
das sozialistische Weltsystem
DDRdie Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
sozialistischer Patriotismus und proletarischer Internationalismus
die sozialistische Demokratie, Nationalkultur
die sozialistische Ideologie, Weltanschauung
der sozialistische Realismus als künstlerische Schaffensmethode
die sozialistische Literatur
die Grundsätze der sozialistischen Moral
die Entwicklung des sozialistischen Bewusstseins bei den Werktätigen
sozialistische Gemeinschaftsarbeit in den Brigaden, Arbeits- und Forschungsgemeinschaften
eine sozialistische Arbeitsgemeinschaft gründen
DDReine Brigade, ein Kollektiv der sozialistischen Arbeit (= Ehrentitel)
DDRer wurde Aktivist, Held der sozialistischen Arbeit (= Ehrentitel)
die sozialistische Arbeitsdisziplin, Arbeitsmoral
die Genossenschaftsbauern als eine spezifische sozialistische Klasse
sozialistische Betriebe
der sozialistische Handel
die sozialistische Industrie
das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln
als sozialistische Eigentümer mitarbeiten, mitdenken und mitregieren
sozialistische Leitungstätigkeit, Menschenführung
die sozialistische Kooperation, Planwirtschaft, Produktion(sverhältnisse), Rationalisierung, Rekonstruktion, Wirtschaft
der sozialistische Wettbewerb
sozialistisch arbeiten, handeln, leben, leiten
Zum Beispiel werden in der sozialistischen Revolution die Ausgebeuteten, die Unterdrückten zu Herrschenden, das Proletariat wird zur herrschenden Klasse [ Staatsbürgerkunde3,56]
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
sozial · asozial · Sozialismus · Sozialist · sozialistisch · sozialisieren
sozial Adj. ‘das Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft betreffend, gesellschaftlich, gemeinschaftlich, der Allgemeinheit verbunden’, auch ‘die Zugehörigkeit eines Menschen zu einer bestimmten Klasse, Schicht, Gruppe in der Gesellschaft, seine wirtschaftliche Situation sowie die ökonomische und politische Struktur der Gesellschaft betreffend’. Entlehnung (18. Jh.) von frz. social, lat. sociālis ‘die Gesellschaft betreffend, gemeinschaftlich, gesellig’, abgeleitet von lat. socius ‘gemeinsam’ (s. Sozius). Frz. social, zu Beginn des 17. Jhs. in der Bedeutung ‘gesellig’, wird im 18. Jh. bei den Enzyklopädisten, die in der Tradition der Naturrechtler (Grotius, Pufendorf) stehen, im Sinne von ‘auf die Beziehungen des Zusammenlebens gerichtet, der Gemeinschaft verbunden und ihr dienend’ zum Ausdruck einer natur- und vernunftgemäßen Moral, die das menschliche Zusammenleben prägt. Der Gebrauch des Adjektivs durch die Physiokraten setzt es in Beziehung zur Wirtschaft, bei Saint-Simon entwickelt es sich zum Gegensatz von frz. individuel, im weiteren erhält es im Hinblick auf eine Lösung ökonomisch bedingter gesellschaftlicher Gegensätze den Sinn ‘durch Beseitigung überkommener Privilegien den gesellschaftlich und wirtschaftlich Benachteiligten stützend’. Im Dt. begegnet sozial als selbständiges Adjektiv zuerst Anfang 19. Jh. (Schelling, Goethe), während die im Jahre 1800 erschienenen Übersetzungen von Rousseaus „Contrat social“ dafür gesellschaftlich, Gesellschafts- oder öffentlich als Äquivalent benutzen. Erst in Zusammenhang mit dem nach 1830 merkbar eindringenden revolutionären französischen Ideengut bürgert sich sozial im Dt. ein und wird zum politischen Schlagwort, vgl. soziale Frage, soziale Verhältnisse, soziales Leben, soziale Idee, soziale Reform (19. Jh.). Ältere Komposita wie Social(zu)stand, Socialgesetz (Ende 18. Jh.) dürften dagegen auf einer früheren, direkten Entlehnung aus dem Lat. beruhen. – asozial Adj. ‘die Gesellschaft schädigend, gesellschaftliche Bindungen ablehnend, sich nicht in die Gemeinschaft einfügend’, gelehrte Bildung (Anfang 20. Jh.) zu sozial mit verneinendem a- (griech. ἀ- privativum). Sozialismus m. ‘erste Entwicklungsstufe der sozialökonomischen Gesellschaftsformation des Kommunismus’ sowie ‘Lehre vom Aufbau und der Entwicklung der sozialistischen und kommunistischen Gesellschaft’, latinisierte Übernahme (1839) von frz. socialisme. Die Substantivbildung steht zunächst für jede Lehre, die das gesellschaftliche Zusammenleben durch Beseitigung extremer Gegensätze neu ordnen will. Die frz. Bezeichnung ist zuerst 1831 in philosophisch-theologischem Zusammenhang belegt, gewinnt danach (1840) unter engl. Einfluß an Verbreitung, vgl. engl. socialism (1837), geprägt anstelle der alten Bezeichnung Owenism. Der Ausdruck wird sowohl für die Theorie und das System Owens als auch für alle sozialen Systeme und Bestrebungen (einschließlich der historischen), die diesem nahe stehen, also auch für die Vorstellungen Fouriers und Saint-Simons verwendet, dann umfassend für alle Lehren, die eine Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse anstreben. 1842 wird Sozialismus im Sinne von ‘Sozial- oder Gesellschaftswissenschaft’ gebraucht, muß aber dem neuen Terminus Soziologie (s. d.) weichen. 1843 wird Sozialismus von Engels, 1845 von Marx und Engels im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen über die Zeitströmungen aufgenommen. Um eine Abgrenzung von utopischen Theorien vorzunehmen, prägt Grün 1845 den Ausdruck wissenschaftlicher Sozialismus, der später durch Engels („Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“) eine theoretische Begründung erhält. Der heutige Bedeutungsinhalt (s. oben) bildetsich im Laufe der geschichtlichen Entwicklung der Arbeiterbewegung heraus. Sozialist m. ‘Anhänger und Vertreter des Sozialismus und sozialistischen Gedankenguts’, Übernahme (1840) von engl. socialist (1822), ‘Anhänger Owens’ (1827), dann ‘Vertreter ähnlicher Ideen außerhalb Englands’ (z. B. in Frankreich), vgl. frz. socialiste (1830). Älter ‘Vertreter des Naturrechts’ (Ende 18. Jh.). sozialistisch Adj. ‘den Sozialismus betreffend’ (1839), engl. socialistic; zuvor ‘die Naturrechtslehre betreffend’ (socialistisches System, 1802). sozialisieren Vb. ‘zu einer Gemeinschaft zusammenschließen, humanisieren’ (vor Mitte 19. Jh.), ‘(Individuen) in die Gesellschaft eingliedern’ (Anfang 20. Jh.), dann ‘private Industrie verstaatlichen’ (um 1920); frz. socialiser.
Thesaurus
Synonymgruppe
links ·
linksgerichtet ·
linksorientiert ·
politisch links stehend ·
rot ·
sozialistisch ●
kommunistisch (sein) Hauptform ·
(eine) rote Socke (sein) ugs., fig., abwertend ·
vaterlandslose Gesellen ugs., politisch, abwertend, historisch, Schlagwort
Assoziationen |
|
Typische Verbindungen zu ›sozialistisch‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›sozialistisch‹.
anarchistisch
antifaschistisch
blockfrei
christdemokratisch
demokratisch
ehedem
ehemals
einstmals
faschistisch
feministisch
friedliebend
geführt
geprägt
internationalistisch
kapitalistisch
kommunistisch
liberal
liberalistisch
marxistisch
nationalistisch
nichtsozialistisch
orientiert
pazifistisch
proletarisch
regieren
sozialdemokratisch
stramm
vormals
wahrhaft
zionistisch
Verwendungsbeispiele für ›sozialistisch‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Nicht zuletzt fördert ein reges geistig‑kulturelles Leben in den Dörfern die sozialistische Lebensweise.
[Neuer Weg, Bd. 39, Nr. 1, 1983]
Von Jahr zu Jahr treten die sozialistischen Länder immer deutlicher hervor.
[Was + Wie, 1981, Nr. 8]
Sie ist weder im klassischen Sinne »kapitalistisch« noch ist sie »sozialistisch«.
[Gabriel, Ralph H.: Isoliertes Amerika. In: Propyläen Weltgeschichte, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1960], S. 14873]
In einer sozialistisch organisierten Wirtschaft wäre dies nicht prinzipiell anders.
[Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. In: Weber, Marianne (Hg.), Grundriß der Sozialökonomik, Tübingen: Mohr 1922 [1909-1914, 1918-1920], S. 111]
Was es gab, war die offizielle Linie, die sozialistische Moral.
[Die Zeit, 08.04.1999, Nr. 15]
Zitationshilfe
„sozialistisch“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/sozialistisch>.
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