Spieß2
m.
alte Wurf- und Stoßwaffe,
ahd.
spioʒ
(um 800;
vgl. als Jagdwaffe
swīnspioʒ,
8. Jh.),
mhd.
spieʒ
‘Kampf-, Jagdspieß’,
auch
‘Spießträger’,
asächs.
spiot,
mnd.
spēt,
mnl.
spiet,
anord.
spjōt
‘Spieß, Speer’,
schwed.
spjut
‘Speer’.
Herkunft unbekannt.
Ein Zusammenhang mit
griech.
speú͞dein
(
σπείδειν)
‘sich sputen, eilen, streben, sich anstrengen’,
transitiv
‘antreiben, beschleunigen’,
spūdḗ
(
σπουδή)
‘Eile, Eifer, Mühe, Ernst, Wohlwollen’,
lit.
spáusti
(aus
*spáudti)
‘(aus)drücken, -pressen’,
intransitiv
‘eilen’
mit einer Ausgangsform
ie.
*(s)p(h)eud-
‘drücken, mit Nachdruck betreiben, eilen’
(vgl.
Pokorny
1, 999),
wonach der geschleuderte Spieß als
‘Eilender’
zu deuten wäre, ist wenig befriedigend.
de Vries
in: PBB (T)
80 (1958) 20
faßt dagegen
germ.
*speuta-
‘Spieß’
als vokalische
Variante von
germ.
*spita-
‘Spitze’
(s.
↗
Spieß1)
auf.
Spieß3
m.
in der Soldatensprache
‘Kompanie-, Hauptfeldwebel’
(um 1900),
anspielend auf den Offizierssäbel,
den dieser früher zu tragen berechtigt war;
vgl. bereits
mhd.
spieʒ,
nhd.
Spieß
‘Spießträger, Krieger’
(bis 17. Jh.).
spießen
Vb.
‘(mit dem Spieß) durchbohren’
(17. Jh.).
Nicht hierher,
sondern zu
↗
Spieß1
gehört
mhd.
spiʒʒen
‘an den Bratspieß stecken’
und auch
frühnhd.
spissen
‘mit dem Spieß, mit der Stichwaffe durchstechen’
(16. Jh.),
das sich jedoch semantisch an
↗
Spieß2
anlehnt.
Unklar in seiner Zugehörigkeit ist
mhd.
(
md.)
spīʒen
‘aufspießen’.
Spießbürger
m.
‘kleinlich denkender, engstirniger Mensch’
(17. Jh.),
studentisches Schimpfwort,
eigentlich
‘der mit dem Spieß bewaffnete, zu Fuß kämpfende Bürger’;
im 18. Jh.
(
Wieland)
in die Literatursprache aufgenommen.
Daraus verkürzt
Spießer
m.
(19. Jh.).
spießbürgerlich
Adj.
‘kleinstädtisch, kleinlich, engstirnig’
(18. Jh.);
entsprechend
spießig
Adj.
(um 1900).
Spießgeselle
m.
‘Mittäter in einer üblen Sache’
(16. Jh.),
eigentlich
‘der (ebenfalls mit einem Spieß kämpfende) Waffengefährte’
(16. Jh.).
Den pejorativen Sinn erhält das Wort durch den schlechten Ruf,
den in älterer Zeit Landsknechte und Soldaten genießen.