veraltet, spöttisch aufrührerisch, rebellisch
unbotmäßig
Grammatik Adjektiv
Aussprache
Worttrennung un-bot-mä-ßig
Wortbildung
mit ›unbotmäßig‹ als Erstglied:
Unbotmäßigkeit
eWDG
Bedeutung
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
bieten · Bot(t) · botmäßig · Botmäßigkeit · unbotmäßig · Unbotmäßigkeit · anbieten · Angebot · aufbieten · Aufbietung · Aufgebot · darbieten · Darbietung · entbieten · erbieten · Ehrerbietung · ehrerbietig · erbötig · gebieten · Gebieter · Gebieterin · gebieterisch · Gebot · verbieten · Verbot
bieten
Vb.
‘darreichen, anbieten, gewähren’.
Ahd.
biotan
‘bekanntmachen, entgegenstrecken, anbieten’
(8./9. Jh.),
mhd.
bieten
‘anbieten, darreichen, gebieten’
erweist sich durch Entsprechungen wie
asächs.
biodan
‘bieten’,
mnd.
bēden,
mnl.
nl.
bieden,
afries.
biāda
‘bieten’,
aengl.
bēodan
‘gebieten, anbieten, ankündigen, zeigen’,
engl.
to bid
(verschmolzen mit dem unter
bitten
behandelten Verb,
s. d.)
‘bieten, ankündigen, gebieten’,
anord.
bjōða
‘bieten’,
schwed.
bjuda
‘gebieten, anbieten, zeigen’
und
got.
anabiudan
‘entbieten, befehlen’,
faúrbiudan
‘verbieten’
als gemeingerm. Verb
(germ.
*beudan);
dieses stellt sich lautlich zu außergerm. Verwandten wie
griech.
pé͞uthesthai
(πεύθεσθαι),
pynthánesthai
(πυνθάνεσθαι)
‘erfragen, erfahren, merken’,
aind.
bṓdhati
‘wacht, beachtet, versteht’
(wozu das Kausativum
aind.
bōdháyati
‘erweckt, macht aufmerksam’
und das Part. Perf.
buddháḥ
‘erweckt, erleuchtet’,
vgl.
Buddha),
aslaw.
bъděti
‘wachen’,
bl’usti
‘wahren, achtgeben’,
russ.
budít’
(будить)
‘wecken’,
bljustí
(блюсти)
‘behüten, bewahren’,
lit.
budė́ti
‘wachen’.
Gemeinsamer Ausgangspunkt ist
ie.
*bheudh-
mit differenzierter Bedeutungsentfaltung:
‘wach, geistig rege sein, beobachten, erkennen’,
auch
(so in den germ. Sprachen)
‘zur Aufmerksamkeit veranlassen, kundtun, gebieten, darbieten’.
Im Dt. gehen bestimmte Bedeutungen des einfachen Verbs
in den älteren Sprachstufen
(‘bekanntmachen’,
‘gebieten’)
zunehmend auf Präfixbildungen über
(s. unten).
Zu
bieten
im Sinne von
‘befehlen’
das ablautende Verbalabstraktum
Bot(t)
n.
(heute nur landschaftlich)
‘Gebot, Befehl, Angebot, Aufgebot, Versammlung’,
ahd.
bot
‘Meinung, Beschluß’
(um 1000),
mhd.
mnd.
mnl.
bot,
afries.
aengl.
bod,
anord.
boð
(germ.
*-buda-).
Dazu
botmäßig
Adj.
‘untertan, tributpflichtig’,
spätmhd.
botmæzec
(14. Jh.),
Botmäßigkeit
f.
‘Herrschaft’
(16. Jh.).
Dazu im 19. Jh.
unbotmäßig
Adj.
‘widersetzlich’,
Unbotmäßigkeit
f.
anbieten
Vb.
‘darreichen, zur Verfügung stellen, vorschlagen’,
mhd.
an(e)bieten
‘anbieten, vor Gericht laden’,
mnd.
anbēden
‘anbieten, entbieten’,
vgl.
nl.
aanbieden
‘anbieten, darreichen’
(hingegen
got.
anabiudan
‘entbieten, befehlen’,
asächs.
anbiodan
‘entbieten, melden’).
Dazu
Angebot
n.
‘Vorschlag, Bereitschaftserklärung’,
auch
‘Gesamtheit der zum Verkauf stehenden Waren’;
als Ableitung vom präfigierten Verb zunächst in der Form
mnd.
anbot,
nhd.
Anbot
(15. bis 19. Jh.,
danach noch öst.),
seit Ende des 18. Jhs.,
wohl durch Einwirkung von
gebieten
(s. unten)
und
Gebot
(s. d.),
in der heutigen Lautgestalt;
in der Sprache der Wirtschaft
von der 1. Hälfte des 19. Jhs. an
oft in dem terminologischen Wortpaar
Angebot und Nachfrage.
aufbieten
Vb.
‘aufrufen, aufwenden’
und
‘öffentlich verkünden’
(jetzt eingeschränkt auf die Bekanntgabe
einer beabsichtigten Eheschließung),
mhd.
ūfbieten
‘in die Höhe strecken, darreichen, bekanntmachen, aufrufen’,
mnd.
upbēden
‘bekanntmachen, zur Einlösung eines Pfandes auffordern’;
die im älteren Nhd. vorherrschende Bedeutung
‘zum Heeresdienst aufrufen’
lebt heute in Übertragungen wie
alle Kräfte,
seinen ganzen Einfluß,
Willen aufbieten.
Substantivische Ableitungen sind
Aufbietung
f.
‘das Aufbieten’
(mnd.
upbēdinge,
nhd. seit 15. Jh.),
anfangs zu verschiedenen Bedeutungen des Verbs,
nach Ende 18. Jh. nur
‘Aufwendung’
(Aufbietung aller Kräfte,
Mittel
u. ä.),
und
Aufgebot
n.
‘Bekanntmachung’
(namentlich einer beabsichtigten Eheschließung),
früher vor allem
‘Aufforderung’
(zu Heeresdienst, Fron usw.)
sowie
‘was aufgeboten wird’
(z. B. die Gesamtheit der Wehrpflichtigen);
zunächst häufiger in der Form
Aufbot
(15. bis 18. Jh.),
doch gewinnt das vereinzelt schon im 14./15. Jh. nachzuweisende
(und mit einer im 15. bis 17. Jh. neben
aufbieten
bezeugten Variante
aufgebieten
korrespondierende)
Aufgebot
seit dem 17. Jh. den Vorrang.
darbieten
Vb.
‘anbieten, darreichen’
und übertragen
‘zeigen, vorführen’
(reflexiv
‘sich zeigen’),
ahd.
thara biotan
(9. Jh.),
mhd.
dar bieten
‘dahin reichen’
sind wohl schon als Einheit von Adverb und Verb aufzufassen;
fest verbunden
mnd.
dārbēden
und im Frühnhd.;
dazu
Darbietung
f.
‘das Darbieten’;
seit Anfang 16. Jh. als Nomen actionis
‘das Anbieten’,
so verbreitet im 17. Jh.
und gelegentlich bis ins 20. Jh.;
vom Beginn des 20. Jhs. an meist
‘künstlerisches Gestalten vor einem Publikum, Vorführen’
sowie
‘Vorführung, Vortrag’.
entbieten
Vb.
‘wissen lassen, mitteilen’,
auch
‘zu sich beordern’,
ahd.
inbiotan
‘zur Kenntnis bringen, gebieten, darreichen’
(um 800),
mhd.
enbieten
‘durch jmdn. sagen oder gebieten lassen, darreichen’,
mnd.
en(t)bēden
‘sagen lassen, gebieten’,
frühnhd.
enbieten,
embieten
und
entbieten,
letzteres setzt sich im 17. Jh. durch;
in älterer Zeit vorwiegend
‘eine Botschaft, einen Gruß übermitteln’,
dann
‘durch Botschaft herrufen’
(17. Jh.);
seit dem 19. Jh. nur noch selten.
erbieten
Vb.
reflexiv
‘seine Bereitschaft erklären’,
ahd.
irbiotan
‘zur Kenntnis bringen, darreichen, erweisen’,
reflexiv
‘sich zeigen, erweisen’
(8. Jh.),
mhd.
erbieten
‘darreichen, erweisen’,
reflexiv
‘sich erweisen, darbieten’
(vgl.
aengl.
ābēodan
‘mitteilen, anbieten, gebieten’);
vom Mhd. an bis ins 18. Jh.
auch der substantivierte Infinitiv
Erbieten
n.
‘Angebot’;
aus der häufig vorkommenden Fügung
Ehre erbieten,
ahd.
ēra irbiotan,
mhd.
ēre (er)bieten
entwickeln sich auf der Grundlage der postverbalen Ableitungen
spätmhd.
erbietunge,
mnd.
erbēdinge
f.
und
frühnhd.
erbietig,
erbütig
Adj.
die Zusammensetzungen
Ehrerbietung
f.
‘Hochachtung’
(mnd.
ērerbēdinge,
frühnhd. 15. Jh.)
und
ehrerbietig
Adj.
‘achtungsvoll’
(16. Jh.),
denen zunächst
Ehrbietung
(15. Jh.;
auch
mnd.
ērbēdinge)
und
ehrbietig
(Anfang 16. Jh.)
als Zusammenbildungen mit dem einfachen Verb
bieten
vorausgehen.
Neben
frühnhd.
erbietig,
erbütig
steht ablautend
erbötig
Adj.
‘bereit, willig’,
mnd.
erbȫdich,
erbōdich,
frühnhd.
seit dem 16. Jh.
gebieten
Vb.
‘befehlen, über etw. Befehls-, Verfügungsgewalt haben’,
ahd.
gibiotan
‘zur Kenntnis bringen, befehlen, herrschen’
(um 800),
mhd.
gebieten
‘ausstrecken, darreichen, entbieten, befehlen’;
dem Westgerm. gemeinsame Präfixbildung
(aengl.
gebēodan
‘befehlen, bekanntmachen, anbieten’,
asächs.
gibiodan
‘gebieten, befehlen’,
mnd.
gebēden
‘gebieten, befehlen’,
reflexiv
‘sich erbieten’,
mnl.
gebieden
‘bekanntmachen, befehlen, anbieten’),
im Dt. anfangs mit perfektivem Sinn
neben dem einfachen Verb,
das ebenfalls
‘befehlen’
bedeutet,
doch trennen sich die Verben
hinsichtlich ihrer Bedeutungen
seit dem Mhd.
Als Ableitungen gehören hierzu
Gebiet,
Gebot
(s. d.)
sowie
Gebieter
m.
‘wer Befehlsgewalt hat’,
ahd.
gibiotāri
(Hs. 13. Jh.),
mhd.
gebietære,
gebieter,
mnd.
gebēder
mit gleicher Bedeutung,
dem sich
Gebieterin
f.
‘Herrin’
(mhd.
gebietærinne,
gebieterīn)
und
gebieterisch
Adj.
‘herrisch, keinen Widerspruch duldend’
(Anfang 17. Jh.) anschließen.
Gebot
n.
‘Befehl, Anordnung, Vorschrift’,
ahd.
gibot
‘Befehl, Erlaß’
(um 800),
mhd.
gebot
‘Auftrag, Ladung zum Erscheinen, Verbot, Herrschaft’,
asächs.
gibod,
mnd.
gebot,
gebode,
mnl.
ghebot,
nl.
gebod,
aengl.
(ge)bod.
verbieten
Vb.
‘untersagen, nicht erlauben’,
ahd.
firbiotan
‘zur Kenntnis bringen, gebieten, untersagen, verhindern’
(8. Jh.),
mhd.
verbieten
‘vorladen, verhindern, untersagen, mit Beschlag belegen’;
vgl. dazu
(teilweise mit einem
nhd.
vor,
für
entsprechenden Präfix)
aengl.
forbēodan,
engl.
to forbid,
anord.
fyrirbjōða
‘verbieten, verhindern’,
got.
faúrbiudan
‘verbieten’,
mnd.
vorbēden
‘gebieten, vorladen, anbieten, verbieten’;
im Dt. drückt das präfigierte Verb anfangs
(bis ins ältere Nhd.)
sowohl das nachdrückliche Anordnen
wie auch das Untersagen einer Handlung aus,
jetzt gilt nur noch die letztere Verwendung.
Abgeleitet ist
Verbot
n.
‘Anordnung, etw. zu unterlassen’,
ahd.
firbot
‘Verbot’
(9. Jh.?),
mhd.
verbot
‘Verbot, Beschlagnahme, Vorladung’,
mnd.
vorbot
‘Angebot, Verbot, Beschlagnahme’
(vgl.
aengl.
forbod
‘Verbot, Widerrufung’).
Thesaurus
Synonymgruppe
anmaßend
·
dreist
·
flapsig
·
respektlos
·
rücksichtslos
·
salopp
·
schlecht erzogen
·
unangemessen
·
unanständig
·
unartig
·
unflätig
·
ungebührend
·
ungebührlich
·
ungehobelt
·
ungehörig
·
ungeschliffen
·
ungesittet
·
ungezogen
·
unhöflich
·
unmanierlich
·
unverfroren
·
unverschämt
●
frech
Hauptform
·
präpotent
österr.
·
dreibastig
ugs., regional
·
einen Ton am Leib (haben)!
ugs.
·
frech wie Dreck
ugs.
·
impertinent
geh.
·
kodderig
ugs.
·
koddrig
ugs.
·
kotzbrockig
derb
·
nassforsch
ugs.
·
nickelig
ugs.
·
pampig
ugs.
·
patzig
ugs.
·
rotzfrech
ugs.
·
rotzig
ugs.
·
rotznäsig
ugs.
·
schnodderig
ugs.
·
unbotmäßig
geh.
Assoziationen |
|
Synonymgruppe
aufmüpfig
·
aufsässig
·
dickköpfig
·
eigensinnig
·
rebellisch
·
renitent
·
respektlos
·
trotzig
·
unartig
·
unbotmäßig
·
ungehorsam
·
widersetzlich
·
widerständig
●
zickig
ugs.
Assoziationen |
|
Typische Verbindungen zu ›unbotmäßig‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›unbotmäßig‹.
Verwendungsbeispiele für ›unbotmäßig‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
In der strikten Atmosphäre bei Hofe verbieten sich unbotmäßige Fragen wie von selbst.
[Die Zeit, 02.05.1986, Nr. 19]
Nun trat Rom zum Großangriff auf die unbotmäßige Provinz an.
[Grobel, K.: Judentum. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1959], S. 30547]
Ich habe nie gewagt, ihn zuerst anzureden, nicht einmal in Gedanken, weder mit einer Bitte noch mit einer Klage, geschweige denn mit unbotmäßigen Worten.
[Nossack, Hans Erich: Nekyia, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1961 [1947], S. 77]
Sicher würden diese wilden und unbotmäßigen Gesellen den Kriegsdienst verweigern, fahnenflüchtig werden und rebellieren.
[Penzoldt, Ernst: Die Powenzbande, Darmstadt: Deutsche Buch-Gemeinschaft 1960 [1930], S. 88]
Und vor Schreck über diese unbotmäßige Antwort blieb er gleich mit seinem Pferde zurück.
[Heller, Gisela: Märkischer Bilderbogen, Berlin: Berlin Verlag der Nation 1978, S. 126]
Zitationshilfe
„unbotmäßig“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/unbotm%C3%A4%C3%9Fig>.
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