unter
Präp.
Adv.
bezeichnet als Präp. eine räumlich im Verhältnis zu einem Bezugspunkt vertikal tiefere Lage oder Richtung
(‘niedriger, tiefer’
als der Bezugspunkt),
eine Lage, das Sichbefinden in einer Gruppe, Menge
(‘inmitten, zwischen’),
ferner das Verhältnis innerhalb einer Rangordnung, Stufenfolge
(‘dienstlich unterstellt’),
weist modal auf einen Begleitumstand
(‘mit’),
einen Zustand, in dem sich etw. befindet oder in den etw. versetzt wird
(
unter Druck stehen
oder
setzen),
gibt das Unterschreiten einer bestimmten Grenze
(‘niedriger, weniger, geringer als’)
sowie die Gleichzeitigkeit
(‘während’)
an;
als Adv. bezeichnet
unter
in Verbindung mit Kardinalzahlen
das Unterschreiten einer bestimmten Grenze
(‘weniger als’,
vgl.
Jugendliche von unter 14 Jahren).
In dem
gemeingerm. Wort
ahd.
untar
Präp.
‘in, unter, zwischen’
(8. Jh.),
untar
Adv.
(9. Jh.,
zweifelhaft),
mhd.
under,
asächs.
undar,
mnd.
under,
mnl.
nl.
onder,
aengl.
engl.
schwed.
under,
anord.
undir,
got.
undar
Präp.
sind in germ. Zeit
zwei ursprünglich verschiedene Präpositionen zusammengefallen.
Die eine,
verwandt mit
aind.
ántaraḥ
‘der innere, der nähere’,
antáḥ
‘innen, in, zwischen’,
awest.
antara-
‘der innere, innen befindlich’,
griech.
(Plur.)
éntera
(
ἔντερα)
‘Eingeweide’,
lat.
inter
‘zwischen, unter’
(s.
inter-1),
air.
eter,
etir,
etar
‘zwischen’,
korn.
ynter,
yntre
‘zwischen’,
aslaw.
ǫtrь
‘innen, hinein, innerlich’,
aruss.
utrь
‘drinnen, hinein’,
russ.
vnutr’
(
внутрь)
‘drinnen, hinein’,
führt auf
ie.
*enter,
*ṇter
‘zwischen … hinein’,
gebildet mit Komparativsuffix zu der unter
in
(s. d.)
behandelten Präposition
ie.
*en
‘in’;
dazu vgl.
(mit
no-Suffix)
ahd.
untarn
‘Mittag(essen)’
(9. Jh.),
asächs.
undorn
‘Vormittag’,
aengl.
undern
‘Morgen’,
anord.
undorn
‘Zwischenzeit’,
got.
undaúrnimats
‘Frühstück, Mittagsmahl’
(d. i. Zwischenmahlzeit).
Die andere,
verwandt mit
aind.
adháḥ
‘unten’,
ádharaḥ
‘der untere’,
lat.
īnfer,
īnferus
‘der untere’,
īnfrā
‘unten, unterhalb, darunter’
(s.
infra-)
und vielleicht
griech.
atherízein
(
ἀθερίζειν)
‘geringachten, verachten, verschmähen’,
führt auf
ie.
*ṇdher
‘unter’.
Die alte Bedeutung
‘zwischen’
ist heute noch in Wendungen wie
unter uns,
unter den Sachen,
unter vier Augen
erhalten.
Mit
unter
werden zahlreiche Verben gebildet,
die zum Teil bis in die ahd. Zeit zurückreichen,
wie
unterbinden
Vb.
‘abschnüren, verhindern, verbieten, unterbrechen’,
ahd.
untarbintan
(9. Jh.),
mhd.
underbinden
‘zusammenbinden, dazwischentretend trennen, verbieten’;
unterbrechen
Vb.
‘vorübergehend aufhören, aufhalten, trennen’,
ahd.
untarbrehhan
‘zerbrechen, zerstören, trennen’
(10. Jh.),
mhd.
underbrechen
‘verhindern, beendigen’;
untergraben
Vb.
‘beim Graben darunterbringen, vermengen, auswaschen, unterhöhlen, langsam zerstören’,
ahd.
untargraban
(um 800),
mhd.
undergraben
‘untergraben, hintergehen, hintertreiben’.
unter
erscheint aber auch als erster Bestandteil
in zusammengesetzten Substantiven
(s. unten)
und Partizipien wie
unterernährt
Part.adj.
‘ungenügend ernährt’
(Anfang 20. Jh.),
wohl nach
engl.
underfed;
unterentwickelt
Part.adj.
‘in der körperlichen, geistigen Entwicklung zurückgeblieben’
(1. Hälfte 20. Jh.).
unter
Adj.
(heute nur mit Flexionsendung
der untere,
ein unterer)
‘unten befindlich’,
ahd.
untaro
(um 1000),
mhd.
under,
gebildet zur Präp.
(s. oben).
Unter
m.
ihrem Wert nach unter dem Ober
stehende, dem Buben, Wenzel entsprechende
Spielkarte im deutschen Kartenspiel (um 1500),
daneben bis ins 18. Jh. noch
der Untere.
unterdes
Adv.
‘inzwischen, seitdem, mittlerweile’,
mhd.
under des,
gebildet mit dem Genitiv Neutr. des bestimmten Artikels;
gelängt
unterdessen
(16. Jh.);
bis ins 17. Jh.
werden beide Formen oft noch getrennt geschrieben
(s. auch
indessen).
Untergrundbahn
f.
‘elektrisch betriebene, unter der Erdoberfläche fahrende Schnellbahn in Großstädten’
(um 1880),
nach
engl.
underground railway;
heute meist gekürzt
U-Bahn.
Unterseeboot
n.
‘(bewaffnetes) Schiff, das tauchen und längere Zeit unter Wassen fahren kann’
(Ende 19. Jh.),
nach einem Bildungstyp
engl.
under sea vessel;
im ersten Weltkrieg
in Anlehnung an Bezeichnungen wie
U 1,
U 2
usw.
gekürzt zu
U-Boot.
unterwegs,
älter
unterwegen
Adv.
‘sich auf dem Wege irgendwohin befindend, auf, während der Reise’,
ahd.
untar wegun
(um 1000),
mhd.
under wegen
und in Zusammenschreibung
underwegen
‘auf der Reise’,
eigentlich
‘im Verlauf der Wegstrecke’.
Im 16. Jh. neben
unterwegen
auch
(seltener)
unterweg(e)
und
(mit adverbialem
-s)
unterwegens;
seit Anfang des 18. Jhs.
die heute gültige Form
unterwegs.
Unterwelt
f.
‘was sich unter der Erdoberfläche befindet, die dort gedachte Totenwelt’
(in der griechischen Sage),
in christlicher Vorstellung
‘Hölle’,
anfangs auch
‘Erdenwelt’
im Gegensatz zur
‘Himmelswelt’
(Anfang 16. Jh.,
geläufig Mitte 17. Jh.).
Zusammenrückung von älterem
die unter Welt
(15. Jh.).
Heute auch
‘asoziale Schichten von Kriminellen (in Großstädten), Verbrecherwelt’
(um 1920),
nach
engl.
underworld.