urig
GrammatikAdjektiv · Komparativ: uriger · Superlativ: am urigsten
Aussprache [ˈuːʀɪç]
Bedeutungsübersicht
- [D , A , selten CH ] ...
- a) für eine bestimmte Region typisch und auf anheimelnde, unverfälschte Weise von bescheidener Einfachheit
- b) alt oder aus einer früheren Zeit (z. B. traditionell, historisch oder ausgestorben)
- c) naturbelassen, weitgehend unberührt von der Zivilisation
- d) auffallend ausdrucksstark (oft auch witzig), in der Art einmalig
ZDL-Vollartikel
Bedeutung
a)
für eine bestimmte Region typisch und auf anheimelnde, unverfälschte Weise von bescheidener Einfachheit
Synonym zu rustikal, siehe auch bodenständig
Kollokationen:
als Adjektivattribut: eine urige Almhütte, Blockhütte, Gaststube, Kneipe, Skihütte, Taverne; ein uriger Biergarten; ein uriges Bergdorf, Pub, Wirtshaus
als Adverbialbestimmung: irgendwo geht es urig zu
in Koordination: gemütlich und urig
Beispiele:
Zusammen mit Dunkelbiersauce und Knödel serviert, hat die
Schweinshaxe den Ruf der Bayern als uriges
Bergvolk mit Hang zu deftigen Speisen wohl sehr befördert. [Süddeutsche Zeitung, 10.11.2020]
Er und Franz haben ihre Winterwanderung für eine
urige Brotzeit im kalten Schneetreiben unter
dem schützenden Dach der Holzhütte der Bergrettung unterbrochen. [Fränkischer Tag, 11.01.2021]
Es herrscht jene Art von Atmosphäre, die man gern als
urig bezeichnet: viel Holz, wenig Licht, das
Gegenteil moderner, lichtdurchfluteter Erlebnisgastronomie. [Der Standard, 01.03.2013]
Berghütten bieten im Winter eine idyllische Alternative zum
Touristenrummel in den Skizentren. Am größten ist das Angebot für
urige Häuschen in Skandinavien und in
Österreich. [Die Zeit, 16.01.1998]
Gewiß, der freundliche Wirt in der urigen
Trattoria und der wettergegerbte Olivenbauer, mit dem man Italienisch
radebrecht, sind »realer« als die Mickymäuse von Disneyland, doch in der
sozialen Realität Italiens sind sie eher Nebenfiguren. [Die Zeit, 07.03.1997]
b)
alt oder aus einer früheren Zeit (z. B. traditionell, historisch oder ausgestorben)
siehe auch urtümlich
Kollokationen:
als Adjektivattribut: urige Tiere
Beispiele:
Bäume tauchten in der Erdgeschichte bereits vor rund 350
Millionen Jahren auf und wuchsen in den urigen
Wäldern des Karbon. [Welt am Sonntag, 09.06.2013]
Kurstadt ist reich an uriger
Fasnetsgeschichte[.] [Südkurier, 11.01.2021]
Zwei Kilometer entfernt bildet der
urigste der Bäume, 290 Jahre alt und 36 Meter
hoch, ein Naturdenkmal. [Süddeutsche Zeitung, 27.06.2013]
Schuhplatteln für jedermann bieten sie an, während der gesamten
Fastenzeit laden sie jeden Donnerstag zur urigen
Synchronbewegung in den Heimbauverein Asten. [Der Standard, 05.04.2011]
Auch unsere [Wisent-]Herde züchtet
regelmäßig, so daß der Tierpark Berlin längst in die Reihe der
Zuchtstätten dieses urigen Rindes gerückt ist. [Dathe, Heinrich: Wegweiser durch den Tierpark. Berlin: OV 1976, S. 17]
c)
naturbelassen, weitgehend unberührt von der Zivilisation
siehe auch ursprünglich (2)
Kollokationen:
als Adjektivattribut: urige Landschaften
Beispiele:
Das Waldgeschöpf mit dem Puschelschwanz [die Wildkatze] braucht zum Überleben
[…] ein besonders vielseitiges Habitat:
möglichst urige Wälder mit Bäumen
unterschiedlichen Alters, viel Totholz und Gestrüpp, da es sich tagsüber
verstecken will. [Der Spiegel, 17.09.2007]
Der
[Wanderweg]
Sonnenberg führt […] durch ein schön
uriges Waldgebiet[…]. [Saarbrücker Zeitung, 05.01.2021]
Seit Jahrzehnten wird sie [die Mandelblüte auf Mallorca] so beworben wie die prächtigsten Strände
und urigsten Buchten im Sommer. [Welt am Sonntag, 18.02.2018]
Wir aber tauchen für wenige Minuten im Wald ein, marschieren auf
dem Güterweg am urigen Buschenbach knapp 100
Höhenmeter »bergan«. [Neue Zürcher Zeitung, 28.05.2017]
Wir laufen durch urige Landschaften und
erleben unseren Planeten, wie er vor Millionen von Jahren gewesen sein
könnte. [Wochenende im Saarland – Ausflugtipps und erste Fotos, 25.07.2017, aufgerufen am 31.08.2020]
d)
auffallend ausdrucksstark (oft auch witzig), in der Art einmalig
siehe auch urwüchsig (1), originell (1, 2)
Beispiele:
Ein Freund[…] besorgte vom
hiesigen Weichberg einen urig geformten
Wurzelstock, der [bei der Weihnachtskrippe]
als Stall dient. [Münchner Merkur, 30.12.2020]
[Das Computerspiel]
[…] ist dank der
urigen Animationen und detaillierten Bauwerke
äußerst hübsch anzuschauen. [C’t, 2000, Nr. 25]
Heini spricht für den Fremden so urig
Schwyzerdütsch, daß man gar nicht glauben mag, daß er in Niederbayern
geboren ist. [Die Zeit, 30.07.1998]
Es sei etwas früh, […] sonst hätte ich ein paar
urige Typen erleben können, die zu bestimmten
Zeiten regelmäßig in der Kneipe anzutreffen seien, beispielsweise der
›Geher‹, der Stunden damit zubringe, auf und ab zu gehen, zwar immer
höflich grüße, sich aber ansonsten beim Gehen nicht stören lasse. [Woelk, Ulrich: Freigang. Frankfurt: S. Fischer 1990, S. 76]
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
ur- · urig
ur- Präfix in nominalen Zusammensetzungen. Die nur in alter Zeit bezeugte Präposition ahd. ur (nur 8./9. Jh.), anord. ōr, got. us ‘aus, aus … heraus’ und das darauf beruhende gemeingerm. Präfix ahd. mhd. engl. schwed. ur-, asächs. ur-, or-, mnd. ōr-, aengl. or-, mnl. nl. oor-, anord. ōr-, ør-, mit grammatischem Wechsel got. us-, uz- ‘aus, hinaus, hinauf’ führen auf ie. *ū̌ds, eine Weiterbildung von ie. *ū̌d- (s. aus). Das in Verbalkomposita unbetonte Präfix wird zu er- (s. d.) geschwächt, während Nominalkomposita (als die vermutlich älteren Bildungen) unter Einwirkung der germ. Anfangsbetonung stehen, so daß das Präfix in der Tonstelle seine volle Form ur- bewahren kann. Infolgedessen stehen sich gegenüber Urlaub und erlauben, Urteil und erteilen (erst als junge Ableitung dazu urteilen). Die alte Bedeutung ‘aus, hinaus, hinauf’ zeigen got. uzanan ‘aushauchen’, ahd. urteil ‘Aus-, Zuteilung (des Rechts)’, got. urreisan ‘aufstehen’. Daraus hervorgegangenen privativen bzw. negierenden Sinn zeigt ahd. urtriuwi ‘treulos’ (8. Jh.), resthaft erhalten in Urfehde (s. Fehde); in verstärkender, steigernder Funktion steht das Präfix in uralt (ahd. 8. Jh.), urplötzlich (16. Jh.), urkomisch (19. Jh.). In Verwandtschaftsbezeichnungen bezieht es sich auf die nächstvorhergehende oder nächstfolgende Generation, z. B. Urahn (s. Ahn), Urenkel (s. Enkel1), auch in der Verdopplung Ururgroßvater; daran anschließend urverwandt, Urgesellschaft (beide 19. Jh.). Schließlich kennzeichnet ur- das Erste, das weit Zurückliegende, das Unverfälschte, vgl. Urbild (17. Jh.), Urwald (19. Jh.), urtümlich (19. Jh.). – urig Adj. ‘urwüchsig, sonderbar, seltsam, komisch, originell’, wohl unmittelbar gebildet zum Präfix ur- (wie in urwüchsig, urtümlich, urkomisch), im 19. Jh. aus den Mundarten in die Literatursprache eindringend. Nicht verwandt ist schweiz. urchig, schwäb. ur(ch)ig ‘rein, lauter, echt’.
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
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absonderlich ·
eigenartig ·
kauzig ·
merkwürdig ·
schrullenhaft ·
schrullig ·
schräg ·
seltsam ·
skurril ·
sonderbar ·
speziell ·
spinnert ·
spleenig ·
ungewöhnlich ·
urig ·
verschroben ·
wie man ihn nicht alle Tage trifft ·
wunderlich ·
überspannt ●
abgedreht ugs. ·
strange ugs., engl.
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