vergessen
Vb.
‘aus dem Gedächtnis verlieren, sich nicht mehr erinnern können’,
reflexiv
‘die Beherrschung verlieren’,
ahd.
firgeʒʒan
(9. Jh.),
mhd.
vergeʒʒen
‘aus den Gedanken verlieren, vergessen’,
reflexiv
‘in Vergessenheit geraten’,
asächs.
fargetan,
mnd.
vorgēten,
mnl.
verghēten,
nl.
vergeten,
aengl.
forgietan,
engl.
to forget
‘vergessen’.
Daneben steht mit dem unter
er-
behandelten Präfix gebildetes
ahd.
irgeʒʒan
‘vergessen’
mit dem Kausativum
irgezzen
‘vergessen machen’
(s.
ergötzen).
Es handelt sich um präfigierte Verben zu einem Simplex
germ.
*getan
‘erlangen’,
das in
ahd.
geʒʒan
‘erlangen’
(8. Jh.),
anord.
geta
‘schaffen, erreichen, erzeugen, lernen, nennen, vermuten’
(woraus
mengl.
geten,
engl.
to get
‘erhalten, bekommen’),
dän.
gide
‘mögen’
erhalten ist,
wozu auch
ahd.
bigeʒʒan
‘erhalten’
(8. Jh.),
asächs.
bigetan
‘finden, ergreifen’,
aengl.
begietan
‘erlangen, bekommen, finden, erwerben, erzeugen’,
got.
bigitan
‘finden’
gebildet sind.
Außergerm. vergleichen sich
lat.
praeda
(aus
*prai-hedā,
-hidā)
‘(Kriegs)beute, Gewinn’
und
(mit Nasalpräsens)
lat.
prehendere
‘(an)fassen, ergreifen’,
(schwundstufig)
griech.
chandánein
(
χανδάνειν),
Aorist
chadé͞in
(
χαδεῖν)
‘fassen, in sich begreifen, enthalten’,
air.
rogeinn
‘findet Platz in’,
so daß von einer Wurzel
ie.
*ghe(n)d-
‘(an)fassen, ergreifen’,
auch
‘geistig erfassen’
ausgegangen werden kann
(dazu s. möglicherweise verwandtes
beginnen).
Die Bedeutung des Simplex wird durch die Präfigierung
(s.
ver-
in negierender Funktion)
ins Gegenteil gewendet,
vergessen
bedeutet eigentlich
‘nicht mehr ergreifen, halten können, aus seinem (geistigen) Besitz verlieren’.
Vergessenheit
f.
‘Zustand des Vergessenseins’,
mhd.
vergeʒʒenheit,
auch
‘Vergeßlichkeit’.
vergeßlich
Adj.
‘leicht vergessend, ein schlechtes Gedächtnis habend’,
mhd.
vergeʒʒe(n)lich;
Vergeßlichkeit
f.
(16. Jh.).