gehoben, veraltend ⟨etw. widert jmdn.⟩etw. widersteht jmdm., widert jmdn. an
widern
eWDG
Bedeutung
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
wider · wieder · zuwider · widerlich · widern · erwidern · widrig · Widerhall · widerlegen · widerrufen · widerspenstig · widersprechen · Widerspruch · widerstehen · Widerstand · widerwärtig · Widerwille · widerwillig
wider
Präp.
‘gegen, entgegen’.
wieder
Adv.
‘zurück, abermals, erneut’,
mit konjunktionalem Charakter
‘umgekehrt, hingegen, anderer-, seiner-, ihrerseits’
Die seit dem 17./18. Jh.
durch gelehrte Regelung orthographisch geschiedenen Wörter
haben eine gemeinsame Herkunft.
Ahd.
widar
Präp.
‘(ent)gegen, wider’
(8. Jh.),
widar(i)
Adv.
‘entgegen, zuwider, zurück, wiederum, abermals’
(um 800),
mhd.
wider
(md.
auch
widder,
weder)
Präp.
‘gegen, wider’,
wider(e)
Adv.
‘(ent)gegen, zuwider, zurück, abermals’,
asächs.
wiðar
Präp.
‘gegen, wider’,
Adv.
‘zurück’,
mnd.
wed(d)er
Präp.
‘gegen, wider’,
wedder
Adv.
‘zurück, abermals, wiederum, entgegen’,
mnl.
nl.
weder,
weer
Präp.
‘wider, gegen’,
Adv.
(mnl.
auch
wēdere)
‘zurück, wieder, gegen’,
afries.
wither,
aengl.
wiþer
Präp.
Adv.
‘gegen’,
anord.
viðr
Präp.
‘bei, gegen, wider’,
got.
wiþra
Präp.
‘gegen, gegenüber’
(germ.
*wiþra-)
sind wie
aind.
vitarám
‘weiter, ferner’,
awest.
vītarəm
‘seitwärts’,
vītara-
‘der seitlichere’
Bildungen mit dem Suffix
ie.
-tero-,
setzen also
ie.
*u̯itero-
voraus.
Dessen Grundlage
ie.
*u̯ī̌-
‘auseinander’
findet sich in
aind.
ví
‘auseinander, abgetrennt, weg, fort’,
awest.
vī-,
vi-,
vy-
‘auseinander, abseits, entgegen’
und in den Weiterbildungen
lit.
vìsas
‘alle’,
aslaw.
vьsь,
russ.
ves’
(весь)
‘all, ganz’
(d. i.
‘nach allen Seiten auseinandergegangen’),
lat.
vitium
(aus
*u̯itiom)
‘Fehler, Gebrechen’.
Neben den oben angeführten,
germ.
*wiþra-
entsprechenden Bildungen
stehen in einigen germ. Sprachen Kurzformen wie
asächs.
wið
Präp.,
aengl.
wiþ
Präp.,
anord.
við
Präp.,
die sich in den modernen Sprachen durchgesetzt haben,
vgl.
engl.
with
Präp.
‘mit’,
schwed.
vid
Präp.
‘bei, an, neben, auf’,
zeitlich
‘gegen’,
Adv.
‘etwa, ungefähr’.
Die Bedeutungsentwicklung geht aus von räumlich verstandenem
‘auseinander, (ent)gegen’.
Die Präposition steht daher für
‘gegen’
(räumlich,
dann besonders im Sinne des feindlichen Entgegenwirkens,
des Widerstandes)
und für
‘im Gegensatz, im Widerspruch zu’;
das Adverb steht für
‘zurück’
(d. h.
‘der eingeschlagenen Richtung entgegen’),
woraus im zeitlichen Sinne
‘abermals, wiederum’.
Alle Verwendungsweisen sind bereits im Ahd. entwickelt.
In der Art einer adversativen Konjunktion
‘umgekehrt, hingegen, andrerseits’
(bereits bei
Notker)
wird
wi(e)der
besonders in neuerer Zeit gebräuchlich
(er war freundlich, dann wieder unausstehlich).
Adverbieller Gebrauch im Sinne von
‘(ent)gegen’
(der Wind war jnen wider,
Luther)
ist erhalten in der Erweiterung
zuwider
Adv.
Präp.
‘entgegengesetzt, feindlich, widerwärtig’
(16. Jh.)
und in zahlreichen Verbalkomposita
(s. unten).
widerlich
Adj.
‘ungünstig, schlecht, unangenehm, abstoßend’
(17. Jh.),
älter
‘gegnerisch, feindlich’
(16. Jh.).
widern
Vb.
‘zuwider, unangenehm sein, anwidern’
(17. Jh.),
älter
‘zuwider-, entgegenhandeln, ablehnen, unterbinden, sich weigern, widerstreben’,
ahd.
widarōn,
widaren
‘zurückweisen, ablehnen, zu verhindern suchen, sich weigern’
(8. Jh.),
mhd.
wider(e)n
‘zuwider machen, verleiden, sich widersetzen, rückgängig machen, zurückweisen, verschmähen, vergelten’.
erwidern
Vb.
‘entgegnen, antworten, reagieren’,
mhd.
erwideren
‘entgegnen, antworten, ersetzen’,
ahd.
irwidarōn
‘zurückweisen, verwerfen, mißbilligen’
(9. Jh.).
widrig
Adj.
‘ungünstig, unangenehm, Widerwillen erregend’,
spätmhd.
widerig.
Widerhall
m.
‘reflektierter Schall, Echo’,
spätmhd.
widerhal.
widerlegen
Vb.
‘nachweisen, daß etw. nicht zutrifft, etw. als falsch erweisen’
(16. Jh.),
mhd.
widerlegen
‘erstatten, ersetzen, wiedergutmachen, vergelten, umbiegen, umlegen, Widerstand leisten’.
widerrufen
Vb.
‘eine Aussage zurücknehmen’,
mhd.
widerruofen,
-rüefen
‘ab-, zurückrufen, zurücknehmen, absetzen, widerlegen’.
widerspenstig
Adj.
‘widersetzlich störrisch’
(Ende 15. Jh.),
nach voraufgehendem
mhd.
widerspene,
widerspān,
-spæne;
vgl.
mhd.
span
und
widerspān
‘Streitigkeit, Zerwürfnis’,
eigentlich
‘(gegenseitige) Spannung’,
zu der unter
spannen
(s. d.)
dargestellten Wortgruppe.
widersprechen
Vb.
‘das Gegenteil vertreten, sich gegen etw. äußern’,
ahd.
widarsprehhan
(10. Jh.),
mhd.
widersprechen
‘sich mit Worten gegen etw. wenden’;
seit dem 17. Jh. auch
‘im Gegensatz stehen, nicht übereinstimmen, sich entgegenstehen’.
Widerspruch
m.
‘Einwand, Protest, (logische) Unvereinbarkeit’
(15. Jh.).
widerstehen
Vb.
‘Widerstand leisten, einer Neigung nicht nachgeben, zuwider, unangenehm sein’,
ahd.
widarstān,
-stēn
(8. Jh.),
-stantan
(9. Jh.),
mhd.
widerstān,
-stēn.
Widerstand
m.
‘Gegenwehr, Weigerung, Behinderung’,
mhd.
widerstant;
im Plural
‘Hemmungen, Hindernisse’
(18. Jh.);
Widerstand leisten
(18. Jh.),
passiver Widerstand
(Mitte 19. Jh.),
nach
engl.
passive resistance.
widerwärtig
Adj.
‘abstoßend, unangenehm, ungünstig’,
ahd.
widarwertīg,
-wartīg
‘feindlich, feindselig, entgegengesetzt, ungünstig’
(um 900),
mhd.
widerwertic,
-wartic
‘entgegenstrebend, -gesetzt, widersetzlich, feindlich, unangenehm, zuwider’;
zur Herkunft des Grundworts s.
-wärts.
Widerwille
m.
‘Widerstreben, Abneigung’,
mhd.
widerwille
‘Zwist, Auflehnung, Unannehmlichkeit, Ungemach’.
widerwillig
Adj.
‘ungern, widerstrebend’,
frühnhd.
auch
‘sich auflehnend, feindlich entzweit’
(15. Jh.);
vgl.
mhd.
widerwillicheit.
Verwendungsbeispiele für ›widern‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Der Frager sagt, ihn widere die Art Tallhovers, etwas zu wissen, an.
[Schädlich, Hans Joachim: Tallhover, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1986, S. 238]
Du weißt das, Gene ", er‑ widert Gold und schiebt die Hand in seine Lammfellpuschen, um seine Fußsohle zu kratzen.
[Süddeutsche Zeitung, 02.08.2002]
Alles widert ihn an, Christoph Marthalers Exerzitien der Gemütlichkeit, das "Kinderschokoladen" ‑Theater von Leander Haußmann und Stefan Bachmann.
[Süddeutsche Zeitung, 09.10.1997]
Korf liest gerne schnell und viel; darum widert ihn das Spiel all des zwölfmal unerbetnen Ausgewalzten, Breitgetretnen.
[Die Zeit, 13.12.2012, Nr. 50]
Der Tiergeruch des Pergaments widert Chosrau II. von Persien derart an, dass seine Verwaltung beschließt, ihm nur noch Dokumente aus mit Rosenwasser parfümiertem Papier vorzulegen.
[Süddeutsche Zeitung, 23.03.2002]
Zitationshilfe
„widern“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/widern>.
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