streuen
Vb.
‘werfend gleichmäßig ausbreiten’,
ahd.
strewen,
strouwen
(8. Jh.),
mhd.
strewen,
ströuwen,
ströun,
strouwen,
streun
‘niederstrecken, zu Boden werfen, (aus)streuen, -schütten, vergießen, ausbreiten, zerstreuen, verbreiten, bedecken’,
asächs.
strōian,
streuwian,
mnd.
ströu(w)en,
mnl.
strōien,
strouwen,
nl.
strooien,
afries.
strēwa,
aengl.
strewian,
streowian,
engl.
to strew,
anord.
strā
(statt
*streyja,
Neubildung zum schwach gebildeten Prät.
strāða),
schwed.
strö,
got.
straujan
(
germ.
*straujan)
führt mit
lat.
struere
(
strūctum)
‘schichten, über-, aneinanderlegen, aufbauen’,
struēs
‘Haufen, Menge’
auf
ie.
*streu-,
Erweiterung der Wurzel
ie.
*ster(ə)-,
*strē-,
*stru-
‘ausbreiten, (aus)streuen’,
wozu
(mit Nasalpräsens)
aind.
stṛṇā́ti
‘streut (hin), bestreut, wirft hin’,
stṛṇṓti
‘streckt nieder, unterwirft, besiegt’,
griech.
stornýnai
(
στορνύναι)
‘hinbreiten, ausbreiten, ein Bett machen, ebnen, bahnen, ausstreuen, bestreuen’,
lat.
sternere
‘hinbreiten, streuen, ebnen, bedecken’,
air.
sernim
‘breite aus’
sowie
(ohne Nasal)
aslaw.
prostrěti,
russ.
prosterét’
(
простереть)
‘ausbreiten, ausdehnen’.
Verwandt sind u. a. die unter
Strahl,
Stirn,
streichen,
Streifen,
Stroh
behandelten Wortgruppen.
Im
Nhd. hat sich aus einer Vielzahl mundartlicher Formen
streuen
durchgesetzt.
Zur Bedeutungsentwicklung von
‘ausbreiten’
zu
‘verteilend auswerfen’
vgl.
Pfeifer
in: PBB
82 (1960) 132 ff.
–
Streu
f.
‘das Hingestreute, Material zum Unterstreuen, Stallstroh’,
Bildung auf
ī
zum Verb,
mhd.
ströuwe,
strewe,
ströu;
vgl.
ahd.
gistrewi,
gistrouwi
(8. Jh.).
Streusel
m.
n.
‘Klümpchen aus Mehl, Butter und Zucker, auf Kuchen gestreut’
(19. Jh.;
dazu
Streuselkuchen,
ebenfalls 19. Jh.),
mundartlich und in der bäuerlichen Umgangssprache gleichbed. mit
Streu,
Deverbativum mit dem Suffix
-sal,
-sel
(s. d.);
vgl.
mnd.
strouwelse.
zerstreuen
Vb.
‘auseinanderstreuen, -jagen’,
mhd.
zerströuwen,
-ströun.
Übertragener Gebrauch der Mystik
daʒ gemüet, herze zerströuwen
‘die Seele von der Gemeinschaft mit Gott ablenken’
geht im 15. Jh. auf Störungen des seelischen Gleichgewichts über,
wird jedoch in mystisch-religiösem Sinne vom Pietismus übernommen.
Zu Anfang des 18. Jhs. entwickelt sich daraus
jmdn., sich zerstreuen
‘ablenken, vergnügen’,
beeinflußt von
zerstreut
Part.adj.
(15. Jh.),
das Anfang des 18. Jhs.,
wohl in Anlehnung an
frz.
distrait,
die Bedeutung
‘unaufmerksam, durch fremde Eindrücke abgelenkt, unkonzentriert’
annimmt.
Zerstreuung
f.
‘Ablenkung, Vergnügen, Zeitvertreib’
(18. Jh.),
zuvor
‘das Auseinanderwerfen, -treiben, Auflösen’,
spätmhd.
zerströuwunge
‘Uneinigkeit’.
Zerstreutheit
f.
‘Unaufmerksamkeit, Unkonzentriertheit’
(18. Jh.),
vereinzelt
‘Abgesondertheit, Isoliertheit’
(19. Jh.).